Mittwoch, 3. April 2013

Rocket From The Crypt

Rocket From The Crypt / Blackup

02.04.13 Festsaal Kreuzberg, Berlin

Im Dezember 2011 war John "Speedo" Reis mit seinen reformierten Hot Snakes auf Tour und anlässlich des Auftritts im Gebäude 9 äußerte ich den Wunsch, er möge doch mal wieder Rocket From The Crypt auferstehen lassen. Genau ein Jahr später begann der Vorverkauf für die erste offizielle RFTC-Show seit ihrer Auflösung 2005 und wo könnte man besser Wiedervereinigung feiern als in Berlin.

Berlin - Festsaal Kreuzberg

Das Ereignis fand im Festsaal Kreuzberg statt. Die äußere Erscheinung hat sich dem Kreuzberger Abriss-Charme angepasst, aber von innen wirkte der ehemalige türkische Hochzeitssaal sehr gemütlich.
Um 20:15 begannen die belgischen Rocker Blackup das Vorprogramm. John Reis scheint sie ins Herz geschlossen zu haben, denn auch schon bei den Hot Snakes waren sie im Vorprogramm. An meinem damaligen Urteil gibt es nichts zu revidieren, netter, aber zu einförmiger Rock'n'Roll, der aber für eine halbe Stunde nicht weiter störte.

Blackup

Nach dem Ende füllte sich der Club zusehends, schließlich war der Saal restlos ausverkauft. Und auch auf der recht kleinen Bühne wurde es immer voller, denn zahlreiche Mikrofonständer für die Bläser-Sektion wurden aufgestellt. Um 21:20 war es dann endlich so weit, mein zweites RFTC-Konzert nach 1996 im Kölner Underground begann.
In einheitlichem Bühnenoutfit kam das Sextett auf die Bühne. Allerdings ging es zunächst nicht musikalisch los, denn Speedo quasselte sich erst einmal warm, erzählte, dass die Band angeblich erst nachmittags in Berlin gelandet sei und man noch ein wenig Jet Lag habe. Da man zudem keinen richtigen Soundcheck gemacht hätte, wolle man erst einmal reinkommen. Und dann setzte die Musik ein mit dem instrumentalen Pushed von der Hot Charity, doch gut zweieinhalb Minuten später brodelte es im ohnehin schweißtreibend warmen Festsaal, denn die ersten vier Songs von Scream, Dracula, Scream! wurden nacheinander runtergebrettert und man hatte den Eindruck, die Band war niemals acht Jahre aufgelöst.


Rocket From The Crypt ragten durch ihre Bläser schon immer aus den ganzen Garagen-/Punk-Rock-Bands heraus und erzeugten so einen unheimlich fetten und druckvollen, aber zugleich positiven Party-Sound, der automatisch gute Laune erzeugte, trotz der manchmal düsteren Texte. Im folgenden wurde fast der gesamte musikalische Output der Bandgeschichte gestreift, nur das Debüt Paint As A Fragrance blieb außen vor, wobei die Songs immer gebündelt gespielt wurden wie eben die Opener oder z. B. I Know, Panic Scam und Made For You von RFTC. Ähnlich war John Reis ja auch bei den Hot Snakes vorgegangen.

Rocket From The Crypt

Kurz vor Ende ging es dann mit Speedo durch und er ließ einen längeren, geradezu philosophischen Monolog über die Traurigkeit des Anblicks eines Hundes, der auf eine Wiese kackt, vom Stapel. Dann forderte er alle auf, doch einfach mal ihren Vordermann an die Schultern zu fassen, denn Shows seinen doch genau dazu da, fremde Menschen zusammen zu bringen. Natürlich wurde dennoch kein Hippie-Happening, denn die Band kriegte die Kurve und rockte mit Come See, Come Saw noch einmal das Haus.
Bei ähnlichen Konzerten ist danach das Publikum zu erschöpft, um lautstark eine Zugabe zu fordern, doch trotz der Hitze, brüllte Berlin nach mehr. Und sie bekamen mehr, sogar mehr als die Setlist versprach, denn kurzer Hand wurde die Zugabe außerplanmäßig mit Dick On A Dog eröffnet, womöglich inspiriert von Speedos Rede kurz zuvor.


Nach dem Hüftenschwinger When In Rome folgte dann das großartige Finale mit zwei Songs von Circa: Now!, meiner ersten und immer noch liebsten RFTC-Scheibe, noch vor Scream, Dracula, Scream! mit all ihren Hits. Glazed mit seinem ausufernden Finale stellte nach insgesamt 85 Minuten den idealen Schlusspunkt dar, danach brachte die kalte Berliner Nacht die benötigte Abkühlung.
Eine Band kommt nach Jahren für eine Handvoll Konzerte wieder zusammen und verleitet so dazu, Zeit und Geld für weite Fahrten auszugeben. Dabei war meine Fahrt aus Dortmund nach Berlin noch ein recht kurzer Weg. Es waren Leute extra aus England und Norwegen angereist, überhaupt schien die Amtssprache im Saal Englisch zu sein, denn natürlich waren auch viele, wohl meistens in Berlin lebende, Amerikaner unter den Zuschauern. War es das wert für anderthalb Stunden Nostalgie? Ja, denn so frisch und druckvoll wie RFTC klingen immer noch wenige Bands und diesen beschwingten Tritt in den Hintern von ihnen möchte ich jedenfalls nicht missen.
Rocket From The Crypt legten jedenfalls die Messlatte für das Konzert des Jahres 2013 mit diesem Auftritt sehr, sehr hoch.

Setlist Rocket From The Crypt

Setlist:
Pushed
Middle
Born in 69
On A Rope
Young Livers
Straight American Slave
Carne Voodoo
Boychucker
I Know
Panic Scam
Made For You
Dirch Digger
Sturdy Wrists
I'm Not Invisible
Get Down
Bring Us Bullets
My Arrow's Aim
Light Me
A+ In Arson Class
Rid Or Ride
Come See, Come Saw
--------------------------
Dick On A Dog
When In Rome (Do The Jerk)
Don't Darlene
Glazed


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