Donnerstag, 26. Juli 2012

Chvrches

School Of Seven Bells / Chvrches

22.07.12 Stereo, Glasgow

Es gibt Abende, da ist es eine undankbare Aufgabe, die Hauptband zu sein, dies war so einer.
School Of Seven Bells machen fluffigen Dream Pop, ihr aktuelles Album Ghostory ist sehr gefällig und so war der Auftritt im Glasgower Stereo als Vorspiel für das Unwinding Hours-Konzert 24 Stunden später eine Option, wie man den Sonntag Abend verbringen könnte. Aus der Option wurde eine Pflichtveranstaltung, als bekannt wurde, dass Chvrches als Vorgruppe auftreten würden.
Hinter der Band verbergen sich nämlich Iain Cook (vormals Gitarrist bei Aereogramme, nun bei The Unwinding Hours) und Martin Doherty (Live-Keyboarder/Gitarrist bei Aereogramme und The Twilight Sad). Die beiden haben sich als Sängerin Lauren Mayberry von der ebenfalls aus Glasgow stammenden Band Blue Sky Archives geschnappt und ein neues Projekt gegründet, dass mit der Gitarrenmusik der eigentlichen Bands der drei nicht viel gemein hat.

Chvrches
Chvrches machen Elektro Pop, der seine Einflüsse vor allem aus den frühen 80ern bezieht, man hört Heaven 17, The Human League, sogar frühe Simple Minds raus. Das bislang einzige musikalische Lebenszeichen ist Lies mit krachigen Synthies, die die eingängige Melodie unglaublich tanzbar ummalen. Das Lied kam aus dem Nichts und erzeugte sofort großes Interesse zunächst in der Glasgower Musikpresse, dann auch überregional, z. B. im NME. Da verwundert es nicht, dass die Band bereits einen Manager hat, einen alten Bekannten mit dem ehemaligen Aereogramme-Bassisten Campbell McNeil, der nach dem Ende von Aereogramme als Tourmanager u. a. für The Temper Trap und Gotye arbeitet.
So überraschend ist allerdings die Abkehr von den teils bratenden Gitarren der Hauptbands zur elektronischen Musik nicht. Iain Cook arbeitete nach dem Ende von Aereogramme als Komponist für die BBC und war schon immer als Soundtüftler im Studio tätig, arbeitete hier u. a. auch mit Jim Kerr von den Simple Minds und hat zudem aus seiner (un)heimlichen Liebe zu eingängigem Pop á la Katy Perry nie einen Hehl gemacht. Martin Doherty legt gelegentlich in Glasgow als Digital W.I.N.C.H. obskuren Elektrokram auf und auch auf dem aktuellen Twilight Sad-Album sind seine Einflüsse in verstärkten Wave-lastigen Keyboard-Parts größer geworden.

Chvrches
Als Chvrches um Punkt acht Uhr die Bühne betreten, ist das Stereo für eine Vorgruppe sehr gut gefüllt, man spürt geradezu die hohen Erwartungen an diesen erst zweiten offiziellen Auftritt der Band (zuvor spielten sie einmal unter dem Pseudonym Shark Week bei einem vom schottischen Kult-Radio-DJ Vic Galloway präsentierten Event in Edinburgh und eine erste Headliner-Show unter eigenem Namen Anfang Juli in Glasgow). Auf der Bühne stand natürlich Sängerin Lauren Mayberry im Mittelpunkt, die beiden älteren Herren flankierten sie mit ihrem Keyboards rechts und links. Der Sound war für einen Keller-Club außergewöhnlich klar und die helle, manchmal leicht quäkende Stimme von Lauren passte sehr gut zu den Synthie-Sounds. Zudem kontrastierte ihr cooles Wave-Make-Up die dennoch leicht schüchtern-verhuschte Bühnenpräsenz auf sympathische Art.


Da das Debüt-Album bereits fertig im Kasten ist, war auch genug Material vorhanden, um den halbstündigen Support-Slot zu füllen. Hierbei fiel vor allem der Abwechslungsreichtum der Songs auf, es sind nicht nur Variationen von Lies. Besonders das fast ruhige Recover bezauberte ungemein. Sieben Stücke umfasste das Set und Lies wurde als Höhepunkt ans Ende platziert. Hierbei fiel Laurens Mikro leider aus, doch sie schnappte sich einfach Doks Mikrofon und brachte den Auftritt zu einem guten Ende.

Setlist Chvrches
Dieses Gefühl, eine Band gesehen zu haben, die demnächst weltweit in den Charts auftaucht, stellte sich danach bei den School Of Seven Bells zu keinem Zeitpunkt ein. Es ist ja oft so, dass gerade auf Platte gefälliger Dream Pop live unglaublich belanglos wirkt und dies traf auch auf die New Yorker Band zu. Die Sängerin wirkte unbeteiligt, während der Gitarrist unpassende Posen raushaute, die eher zu eine wilden Rockband passten, aber nicht zu den fluffigen Songs.
Daher zogen wir es auch nach fünf Stücken vor, den Keller zu verlassen und oben in der Bar mit Iain Cook und Olympic Swimmers-Gitarrist Simon Liddell zu quatschen, der übrigens schon vorher genau die Live-Qualitäten von School Of Seven Bells vorausgesagt hatte, hatten sie ihn doch bereits auf der letzten Tour in Glasgow enttäuscht.
Chvrches hingegen werden vollkommen zurecht gehypt und auch ihren Weg machen, auch wenn es noch bis nächstes Jahr dauern wird, bis das Album endlich erscheinen wird.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen