Dienstag, 29. November 2011

Mikey Erg! / The Slow Death / The Arteries

Mikey Erg! / The Slow Death / The Arteries

28.11.11 Bla, Bonn

"Münster oder Bonn?" lautete für mich die Frage, denn in beiden Orten spielte das anglo-amerikanische Dreierpack auf ihrer gemeinsamen Europatournee. Die Wahl fiel auf Bonn und rückblickend betrachtet habe ich alles richtig gemacht, denn während sich sonntags im geräumigen Café Lorenz ganze drei zahlende Besucher einfanden, waren es tags drauf im Bla immerhin 28, die den kleinen Laden angenehm füllten und auch bei den Bands für genügend Motivation für einen gelungenen Konzertabend sorgten.
Als erstes spielten The Arteries aus Wales. Zum aufwärmen hatten sie AC/DC-Riffs gespielt, ihr Set selber dann klang nach Zeke mit einer Prise britischem Indie-Punkrock der 90er á la Senseless Things oder auch Blaggers ITA. Das klang gefällig, haute aber nicht übermäßig vom Hocker, hatte aber live dennoch mehr Biss als auf Platte.

The Arteries
The Slow Death waren danach schon ein anderes Kaliber. Es gibt zwar durchaus Bands wie Sand am Meer, die nach einer straighten Punkrock-Version von Hot Water Music klingen, aber wie auch bei Nothington oder Dear Landlord schafften The Slow Death es, ihre Songs so druckvoll und Energie geladen zu spielen, dass sie einen sofort packten. Außerdem haben sie ein Händchen für gute Melodien, die auch in Bonn sofort zündeten. Stücke wie Ticks Of The Clock sind einfach gute Songs. Wie The Arteries wollten The Slow Death eigentlich nach einer halben Stunde aufhören, ließen sich aber noch zu einer Zugabe überreden.

The Slow Death
Am Schlagzeug von The Slow Death saß übrigens Mikey Erg!, der danach alleine mit seiner elektrischen Gitarre den Abend ausklingen ließ. Früher war er Schlagzeuger bei The Ergs!, einer der bedeutendsten amerikanischen Pop Punk-Bands, die da weitermachten, wo Green Day nach ihren ersten zwei grandiosen Alben mit Dookie aufgehört hatten (nicht von ungefähr ist das Cover einer gemeinsamen Single mit Teenage Bottlerocket dem Dookie-Artwork nachempfunden).

Mikey Erg!
Mikey spielte daher solo auch fast ausschließlich Songs seiner alten Band. So erinnerte sein Auftritt an Grant Harts Konzerte, wenn er seine alten Hüsker Dü-Lieder spielt. Und bei Klassikern wie Pray For Rain zeigte sich auch das z. T. extra aus Belgien angereiste Publikum textsicher. Auch Mikey Erg! musste eine Zugabe geben, nach eigenen Worten die erste auf dieser Tour, spielte Books About Miles Davis und wurde hierbei sogar noch von seinen Kollegen von The Arteries und The Slow Death unterstützt.


Inklusive Umbaupausen dauerte der Spaß nur gut zwei Stunden, aber die waren extrem unterhaltsam, so dass sich auch die im Vergleich zu Münster weitere Fahrt auf jeden Fall gelohnt hat.




Sonntag, 27. November 2011

EA 80

EA 80

26.11.11 Zakk, Düsseldorf

Ein EA 80-Konzert mit Vorverkauf über Eventim? Letztes Jahr spielten die Mönchengladbacher zwei kaum angekündigte und daher auch nicht ausverkaufte Shows im AK47, diesmal traten sie um die Ecke im Zakk auf und füllten es fast vollständig aus Anlass der Veröffentlichung ihres neuen Albums Definitiv: Nein!.
Vorband gab es keine und ein Blick auf die Setlist ließ auch erahnen, warum nicht, denn es schien ein längerer Auftritt zu werden.


Das erste Stück des Abends war denn auch gleich das erste Lied vom neuen Album, Fort von krank. Der typische Gitarrensound, die typischen Texte, aber alles dennoch eine Spur heller, ja fast schon poppiger als gewohnt. Überhaupt wirkt Defintivi: Nein! unglaublich eingängig, aber dennoch mit einer gehörigen Portion Aggressivität und lässt die Band auch nach über 30 Jahren noch frischer wirken als manche in der einschlägigen Presse abgefeierte Zukunft des Hardcore. Vor dem Untergang gefiel mit seiner jazzigen Gitarre, Menschmaschine mit Stakkatorhythmus wurde gar zweieinhalbmal gespielt, damit Schlagzeuger Nico auch so richtig ins Schwitzen kam. Den Titelsong leitete Sänger Martin mit den Worten ein, dass er nach 32 Jahren Bandgeschichte endlich mal ein Lied geschrieben habe, bei dem er so richtig schreien kann, was er dann auch tat, dass man befürchten musste, sein Kopf würde platzen. Dazwischen gab es immer wieder Rückblicke in das lange Schaffen, beinahe alle Alben waren vertreten und als sei dies nicht genug, wurde außerplanmäßig und mit einem "Scheiß auf Setlisten" sogar Krankenhaus vom allerersten Tape Jungen + Technik dargeboten.
Nach knapp zwei Stunden Spielzeit wurde dann das letzte Lied angekündigt und gleich dabei mitgeteilt, dass die Band an diesem Abend keine Zugabe spielen werde. Das war aber auch nicht nötig, denn Die Suche ist auch das Finale des neuen Albums und mit knapp 12 Minuten Dauer ein echter Brocken, den man erst einmal verdauen muss. Wie auch auf Platte steigerte sich das Lied zum Ende unglaublich, ehe Martin die letzte Minute allein hinter der Bühne noch weiter klampfend ausklingen ließ.


Am Auftritt gab es also absolut nichts auszusetzen, dennoch war an diesem Abend nicht alles perfekt. Einige der fast ausnahmslos älteren Semester im Publikum waren nämlich so abgefüllt, dass sie scheinbar nicht mehr ganz ihre Bewegungen unter Kontrolle hatten. Als mal wieder der eine oder andere besonders heftig in den ersten Reihen moshte, stellte sich Martin direkt vor ihn, und sah ihn eindringlich mit nicht ganz so freundlichem Blick an, was dann auch zu wirken schien. auch die Aufmerksamkeit ließ manchmal etwas zu wünschen übrig. In einer Passage bat er flüsternd um Ruhe, was allerdings nicht jeder mitzubekommen schien, denn das Geplapper erstarb nicht vollends.
Defintiv: Nein! erschien übrigens offiziell an diesem Samstag und ist auch als Download bei Amazon erhältlich, allerdings mit dem Fauxpas, dass dort Die Suche als "Die Seuche" angeboten wird und die mp3-Datei auch so getaggt ist. Mal sehen, wann das korrigiert ist, darauf hingewiesen wurde jedenfalls schon.


Da Vinyl und CD aber nicht rechtzeitig fertig wurden, verkaufte die Band Testpressungen des Albums, um ihren Fans auf diesem Wege die Gelegenheit zu geben, das gute Stück doch schon zu haben.


Eine halbe Stunde nach Konzertende stand bereits das erste Exemplar bei ebay zum Verkauf und ging auch für deutlich mehr als die 15 Euro, die die Band für die Platte nahm, über den Tisch. Schade, dass eine nette Geste der Band von Profiteuren so missbraucht wird.
EA 80 jedenfalls melden sich mit Definitiv: Nein! eindrucksvoll zurück als vielleicht Deutschlands wichtigste und beste Punkband und auch der Auftritt belegte ihre immer noch vorhandene Energie und machte Lust auf das nächste Konzert im Februar 2012 im Rahmen des Ox-Festivals in Solingen.


Nachtrag 07.12.: Amazon hat nun den Titel korrekt als "Die Suche" aufgeführt, geht doch.

Look Mexico

Look Mexico

24.11.11 Druckluft, Oberhausen

Man stelle sich vor, Bruce Springsteen würde sich nach seinen Konzerten per Handschlag bei jedem Besucher bedanken...
Der Schlagzeuger von Look Mexico tat dies, allerdings war das auch keine zu aufwändige Aufgabe, hatten sich doch nur ganze sechs Zuschauer im Druckluft eingefunden, um sich das Konzert der Band aus Texas anzuschauen. Dabei haben die vier Amerikaner mit ihrer neuen EP Real Americans Spear It ihre vielleicht beste Veröffentlichung bislang vorgestellt, auf der ihre Songs noch mehr an eine Mischung aus Ted Leo + The Pharmacists und The Gaslight Anthem mit einer Prise fIREHOSE (die Ed Crawford-Seite) erinnern als ihre früheren Werke.

Look Mexico schienen das spärliche Interesse aber nicht krumm zu nehmen, Sänger Matt Agrella spielte sogar mit der Situation und bat um einen roll call, alle Anwesenden mussten sich kurz namentlich vorstellen. Auch der Performance merkte man kaum an, dass natürlich die Reaktion im Publikum recht sparsam ausfiel. Die Band ließ einfach einen Song auf den anderen folgen, zum Teil mit nahtlosen Übergängen, gute 45 Minuten lang. Eine Zugabe gab es nicht, aber halt den persönlichen Dank des Schlagzeugers und die Gewissheit, dass diese Band definitiv mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.



Sonntag, 13. November 2011

And So I Watch You From Afar

And So I Watch You From Afar / Antlered Man

12.11.11 FZW, Dortmund

Ein Bandname, der nach verträumter Gymnasiasten-Lyrik klingt, dazu kommt die Musik auch noch ohne Gesang aus, das klingt nach sphärischem Postrock Doch weit gefehlt. And So I Watch You From Afar kommen aus Belfast und da ist Kerrygold-Romantik fehl am Platz.
Aber der Reihe nach. Antlered Man aus London eröffneten den Abend und weckten bereits Neugier, bevor sie den ersten Ton gespielt hatten. Mitten auf der Bühne stand ein kleines elektronisches Spielzeug, darauf war noch eine Gitarre geschnallt und es lag ein Megaphon daneben. Das roch nach musikalischem Eigensinn und so klang es denn auch. Mit Schlagworten ließe sich das vielleicht am ehesten so beschreiben: Mike Patton kifft mit den Eagles Of Death Metal und covert dabei British Sea Power. Vor allem die extrem laute Gitarre stonerte gewaltig und bildete so einen Kontrapunkt zu Gesang und Bass, auch wenn sie die anderen Instrumente teilweise sogar übertönte, wie z. B. die Flöte, die gegen Ende des halbstündigen Sets auch noch ins Spiel gebracht wurde. Der geweih-te Mann überzeugte dennoch vollends die Anwesenden, was sich am starken Applaus und auch später am Merchstand am Verkauf ihrer handgefertigten EP, das Debütalbum erscheint erst Anfang nächsten Jahres.

Antlered Man
Um 21:15 gingen dann die Lichter aus, die über die Bühne verteilten Leuchtstäbe erwachten zum Leben und zu den Klängen von Die Slow von Health betraten And So I Watch You From Afar die Bretter und bretterten auch gleich mit den ersten drei Stücken von ihrem im Sommer erschienenen zweiten Album Gangs los. Das war kein Postrock, das war RAWK! Die beiden Gitarristen fegten kreuz und quer über die Bühne und zum Rand, das so manche Hardcore-Band dagegen wie versteinert wirkt. Und der Funke sprang auch sofort auf das Publikum im mittlerweile gut gefüllten Club des FZW über, die begeistert mitgingen.


War bei Antlered Man durch die zu laute Gitarre der Sound noch suboptimal, präsentierte er sich nun von seiner besten Seite (was leider auf den Videos dank meiner Billigkamera nicht so rüberkommt). Es war angenehm ohrenbetäubend, aber die einzelnen Instrumente, vor allem die manchmal frickelig jaulende, mal sanft perlende Lead-Gitarre war klang über den druckvollen Rhythmusteppich hinweg zu rauszuhören. Dazu untermalte die simple, aber effektive Beleuchtung wunderbar die Szenerie, tauchte in ruhigen Passagen die Halle gedämpftes Rot, Blau oder Grün, um bei den Ausbrüchen auch wie ein Blitz die Szenerie zu erhellen oder stroboskopartig die zuckende Musik umzusetzen.


Nach 45 Minuten verabschiedeten sich And So I Watch You From Afar bereits, aber die abschließende  Feedbackorgie war noch nicht verklungen, da kamen sie schon zur Zugabe wieder. Der Band schien der Auftritt sichtlich zu gefallen, immer wieder bedankten sie sich beim Publikum, dass seinerseits beim folgenden Set Guitars To Kill dann gänzlich aus sich heraus ging und mitpogte.


Beim abschließenden The Voiceless verließen dann beide Gitarristen die Bühne, wanderten in die Menge und brachten diese dazu, sich hinzuhocken, ehe der finale Ausbruch an Energie sich entlud. Beim Weg zurück bekam ein Zuschauer noch eine Gitarre umgehängt und durfte auch noch mitrocken, bis dann nach einer guten Stunde endgültig Schluss war.
Auch wenn die Band absolut nicht (nord-)irisch klang, stellte ich mir doch zwischendurch vor, wie die Hupfdohlen zu Riverdance zu dieser Musik tanzen würden. Zu dieser Musik muss man sich einfach bewegen, so mitreißend ist sie und dieses fantastische Konzert unterstrich dies eindrucksvoll.

Setlist:
BEAUTIFULUNIVERSEMASTERCHAMPION
Gang (Starting Never Stopping)
Search:Party:Animal
A Little Bit Of Solidarity Goes A Long way
7 Billion People All Alive At Once
D Is For Django The Bastard
S Is For Salamander
Don't Waste Time Doing Things You Hate
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Set Guitars To Kill
The Voiceless

And So I Watch You From Afar

Dienstag, 8. November 2011

Elbow

Elbow / Howling Bells

07.11.11 Live Music Hall, Köln

Und wie waren Elbow in Köln? Ach ja, schon toll, aber damals hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen waren sie viel, viel besser...
Eigentlich muss man diese selbstverliebten Globetrotter, die damit unterschwellig prahlen, wen sie wo überall schon gesehen haben und klugscheißerisch feststellen, dass natürlich die Konzerte im heimischen Einzugsgebiet immer hinter denen in den wahren Metropolen dieser Welt hinterher hinken, ja hassen, aber manchmal muss man ihnen auch zustimmen, denn schließlich ist man ja auch selbstverliebt.
Im März sahen wir Elbow bei ihrem Tourauftakt zum aktuellen Album Build A Rocket Boys! im Glasgower SECC und gut neun Monate später konnte man, abgesehen von einigen Festivalauftritten im Sommer, die Band aus Manchester zum ersten Mal bei einer Headliner-Show im Rahmen dieser Tour in der restlos ausverkauften Live Music Hall in Köln sehen.
Aber zunächst musste man ja zur Live Music Hall hinkommen. Nach schier endloser Parkplatzsuche erreichten wir gegen 20:20 die Halle. Die Luft ist mehr als stickig, die Leute stehen schon dicht gedrängt bis fast nach draußen, das Set der Vorgruppe Howling Bells lag schon in den letzten Zügen. Da mir die Australier auf Platte nicht besonders gefallen und die ersten töne live mich auch nicht packten, ging es schnell noch einmal auf eine Zigarettenlänge nach draußen.
Auch in der Umbaupause war kein wirkliches Vordringen in Bühnennähe möglich, also machten wir es uns im hinteren Teil der Halle gemütlich. Um punkt neun begannen Elbow mit The Birds und der Sound war nicht so schlecht wie befürchtet. Zwar hätte es etwas lauter sein können und bei den lauten Passagen ging Guy Garveys nun wahrlich nicht dünne Stimme etwas unter, aber man war in diesem Industrieschuppen schon Schlimmeres gewohnt. Der Elbow-Sänger bewies erneut seine Entertainer-Qualitäten und suchte die Kommunikation mit dem Publikum und sein herausgebelltes "Joot!" war dem kölschen Ausdruck für "Gut" näher als Kölsch einem echten Bier. Und der Doppelpack aus Neat Little Birds und Grounds For Divorce brachte mit seinem Bombast aus Licht und Ton dann die Atmosphäre zum Überkochen. Leider stellte dieses Feuerwerk die folgenden ruhigeren Momente etwas zu sehr in den Schatten, zumal auch Garveys Eingehen auf Zwischenrufe leider so manchen Möchtegernkomiker zu animieren schien, was in einem "Wonderwall" gipfelte, was den Elbow-Frontmann auch leicht angepisst wirken ließ. Zum Ende des regulären Sets herrschte dann aber bei Weather To Fly und Open Arms noch einmal Gänsehaut- und Stadionatmosphäre im positivsten Sinne.

Elbow
Die Fanfaren von Starlings läuteten dann die Zugabe ein, die wie immer mit One Day Like This das knapp 100minütigen Konzert grandios beendete.
Im direkten Vergleich war die Show im März in Glasgow "natürlich" besser, weil es in der großen SECC-Arena einfach noch beeindruckender war, wie die Band um Garvey es schaffte, Club-Atmosphäre zu erzeugen und als die netten Lads von nebenan zu wirken, mit denen man halt gerade in einem überdimensionierten Pub eine Party feierte.
Auch fehlten dort die leider für Köln oft so typischen Vollpfosten, die ein Konzert benutzen, um sich lauthals zu unterhalten und bei ihrer meist weiblichen Begleitung auf Kosten der Umstehenden als toller Hengst zu präsentieren. Meistens stört dies nicht, da diese Spezies in der Regel die Bühnennähe meidet, doch an ausverkauften einem Abend wie diesem, wo  selbst die hinteren Reihen aus Fans der Band bestanden, musste man diese Egozentriker, die sich gegenüber bösen Blicken und auch direkten Ansprachen vollkommen resistent zeigten, zwangsweise ertragen. Das vergnügen an den wahren Entertainern auf der Bühne konnten sie einem dennoch nicht nehmen.

Setlist (schamlos geklaut von Pretty Paracetamol):
The Birds
The Bones Of You
Mirrorball
Neat Little Rows
Grounds For Divorce
The Loneliness Of A Tower Crane Driver
The Night Will Always Win
The River
Some Riot
Dear Friends
Lippy Kids
Weather To Fly
Open Arms
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Starlings
Station Approach
One Day Like This