Sonntag, 9. Oktober 2011

Envy / Dÿse

Envy /  Dÿse

08.10.11 Gleis 22, Münster

Godzilla gegen Frankensteins Monster, so könnte man den deutsch-japanischen Kampf der Giganten im Gleis 22 betiteln. Ursprünglich als Headliner-Konzert der sächsischen Noise-Rocker Dÿse angesetzt, kam recht kurzfristig noch die japanische Post-Hardcore-Walze von Envy hinzu und versprach so Taubheitsgarantie für den Morgen danach.
Als Dÿse gegen 21:15 mit Zebramann begannen, standen noch deutlich mehr Menschen vor dem Gleis als im Gleis vor der Bühne herum, doch das änderte sich schnell. Dieser Mischung aus brachialem und zugleich verfrickeltem Rock durchsetzt mit brüllend komischem Geplauder konnte scheinbar niemand widerstehen. Schlagzeuger Jarii kamen spontan mal wieder kleine abstruse Einfälle, so brachte er mitten in einem Lied mal eben den Refrain aus Money Money Money von ABBA unter und brachte damit sogar Gitarrist André kurz aus der Fassung. Seine Geschichte über Frühstücksbuffets bei Rockfestivals, wo er Cornflakes mit Whiskey mischte, um Lemmy von Motörhead zu beeindrucken, während dieser ihm alle Illusionen zerstörte, indem er ein schnödes Brötchen mit Honig verdrückte, wurde spontan zu einer Ode an eben diese Honigbrötchen musikalisch vertont, die dann direkt in Supermachineeyeon überging.
Womit wir bei der Musik wären. Eine große Deutschland-Tour im Oktober weckte Hoffnungen auf neue Stücke, zumal das letzte Album ja bereits zwei Jahre auf dem Buckel hat. Doch  gespielt wurden nur altbekannte Songs, doch dieses "nur" soll keineswegs enttäuscht oder abwertend klingen, denn es war ein umwerfender Auftritt. Mit Underlaydisk sollte nach einer Dreiviertelstunde Schluss sein, doch den lautstarken Forderungen nach einer Zugabe wurde nachgegeben. Nach einer kurzen Rap-Einlage von Jarii zu Grandmaster Flashs The Message mit André am Schlagzeug beendete dann Sonne glänzt das Set einer Vorband, nach der wohl viele Hauptgruppen chancenlos gewesen wären.

Dÿse
Aber Envy schafften das scheinbar Unmögliche und konnten Dÿses Auftritt noch toppen. Gleich die erste Gitarrenbreitseite des Openers Further Ahead Of Warp traf wie ein Tritt in die Magengrube. und erzeugte bei mir prompt den Wunsch, dass sich solch Postrock-Langweiler wie This Will Destroy You bitte umgehend auflösen mögen. Der Sound war gewaltig, aber dabei nie unangenehm laut und auch differenziert genug in den ruhigen Momenten, wie man in sonst selbst in größeren Hallen kaum zu hören bekommt, einzig der Gesang war etwas leise, was aber auch nicht unangenehm war, bin ich doch eigentlich kein Freund dieser Mischung aus Grunzen und Schreien. Bei den Sprechpassagen stand Sänger Tetsuya an seinem Elektronik-Tisch, während er für die Screamo-Teile das Mikro am Bühnenrand benutzte.  Dabei wippte er immer so geschickt, dass er die nächsten Textpassagen von seinem Notizheft auf dem Monitor ablesen konnte.

Envy
Gut 45 Minuten schafften es Envy so, das Gleis in mitwippende Trance zu versetzen, dann gab der Bass-Verstärker beim siebten Lied seinen Geist auf. Nach fünf Minuten war ein neuer aufgebaut und angeschlossen, aber die hypnotische Atmosphäre war leider etwas dahin. Nach zwei weiteren Stücken verabschiedeten sich die fünf schwarz gekleideten Japaner dann und kamen auch nicht zu einer Zugabe zurück.

Setlist Envy
Dies war aber auch nicht nötig, denn diese unglaubliche Wucht und Energie, die sie zuvor verbreitet hatten, ließ das Publikum auch so erschöpft und zufrieden zurück.


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