Montag, 31. Oktober 2011

Mogwai

Westend Indoor 2011

w/ Mogwai / Bohren & Der Club Of Gore / Long Distance Calling

30.10.11 FZW, Dortmund

Der Abschluss des diesjährigen Westend Indoor Festivals im FZW stand im Zeichen sonntäglicher Besinnlichkeit, dreimal (überwiegend) instrumentale Musik, damit kein Gesang (oder gar Gekreische) die Stimmen im Kopf stören konnte, höchstens lautes Gitarrendröhnen, um mit den Katernachwehen vom Wochenende perfekt zu harmonieren.
Long Distance Calling aus Münster begannen pünktlich um 19:45 und wurden so Opfer der Pflege sozialer Kontakte, die man noch in der Bar des FZW beim Bier betrieb.
Um 21:00 stellte sich dann die Frage, wie denn Bohren & Der Club Of Gore und die Kameras vom WDR Rockpalast zusammenfinden würden. Ist Licht doch zum Filmen eigentlich unerlässlich, ist es für die Herren vom Club Of Gore eher lästig, finden deren Konzerte doch eigentlich in bestuhlter Dunkelheit statt. Scheinbar verfügt der WDR über sehr lichtempfindliches Equipment, denn tatsächlich war die Beleuchtung minimal, die Bassdrum als "heller" Punkt sowie dezente Spots untermalten den "Dreiklang aus Tanz, Wurst und Bier" (O-Ton) optimal. Wie immer waren die Ansagen zwischen den Stücken ein herrlicher Kontrapunkt zu der Musik, Sätze wie "Bin ich emotional gefestigt genug, meine schwarzen Wände grau zu streichen?" (aus der Einleitung zu Still am Tresen) sorgten für Heiterkeit, so stellt man sich einen Helge Schneider beim Therapeuten vor. Auch bei der Länge ihres Sets bewiesen Bohren ihre Eigenwilligkeit, ließen sie den eigentlich laut Ablaufplan eingeräumten 50 Minuten noch Midnight Black Earth folgen und spielten so eine gute Stunde. Wie sich der Auftritt in bewegten Bildern macht, kann man demnächst im Rockpalast sehen.

Bohren & Der Club Of Gore
Schon beim folgenden Umbau konnte man dann erkennen, dass es nicht so düster weitergehen sollte, denn die Leuchtkraft der Scheinwerfer wurde schon einmal ausgetestet. außerdem hing eine große Leinwand über der Bühne für diverse Projektionen bereit. Diese optische Untermalung kam auch direkt beim opener White Noise sehr schön zur Geltung.

Mogwai
In den folgenden gut 80 Minuten wechselten sich immer wieder ältere Stücke mit den Titeln vom grandiosen diesjährigen Album Hardcore Will Never Die, But You Will ab.Gerade die neuen Stücke in ihrer rhythmischen Vielfalt ließen für mich die älteren Songs etwas verblassen und wenn dann auch noch wie bei How To Be A Werewolf im Hintergrund das tolle Video mit der Radfahrt ins Licht lief, war es schon sehr beeindruckend. Zumal der Sound sehr gut war, auch wenn es für meinen Geschmack bei den krachenden Passagen noch etwas lauter hätte sein können. Hier fehlte dem Auftritt etwas der Druck und die Urgewalt, die mich im März in Frankfurt noch umgehauen hatte, insbesondere weil erneut Mogwai Fear Satan als letzter Song gespielt wurde.
So war es ein gutes, aber nicht überragendes Konzert, wobei atmosphärisch sogar Bohren & Der Club Of Gore leicht die Nase vorn hatten, optisch und akustisch sich aber Mogwai beugen mussten.

Mogwai

Sonntag, 30. Oktober 2011

Take A Worm For A Walk Week

Take A Worm For A Walk Week / Pornophon

29.10.11 Wem gehört die Welt, Köln

Abgedrehter Noiserock live in Köln, das garantiert ein ausverkauftes Haus...zumindest bei den Melvins im Gebäude 9.Doch es ging stattdessen zu den Glasgowern Take A Worm For A Walk Week im Wem gehört die Welt und da war es gemütlich überschaubar.
Take A Worm For A Walk Week gibt es bereits seit über sechs Jahren und haben bereits drei Alben veröffentlicht. aber da die einzelnen Mitglieder noch in zahlreichen anderen Bands aktiv sind, ist es zur Zeit nicht mehr als ein Nebenprojekt. So trommelt z. B. Schlagzeuger Jonny Scott auch noch bei The Unwinding Hours und den Olympic Swimmers und zur Zeit auch manchmal live bei The Kills, während Gitarrist Johnny Docherty auch noch Bass bei The Twilight Sad spielt. Sänger Joe Quimby hingegen ist Glasgows führender Burrito-Experte und betreibt hierzu einen weltweit beachteten Blog.
Für gerade einmal zwei Konzerte kamen die Schotten nun nach Deutschland und spielten zusammen mit den Ulmer Pornophon zusammen im Wem gehört die Welt in Köln. Wo? Ich dachte eigentlich, ich sei ein erfahrener Konzerthase und würde gerade in einer Stadt wie Köln so ziemlich alle Veranstaltungsorte kennen. Von diesem Club aber hatte ich vorher noch nichts gehört. Google verriet mir, dass der Laden zum Bauwagenplatz an der Krefelder Straße gehört, der bereits seit über 15 Jahren existiert. Einfach mal durch das Gittertor eingetreten, weisen den Besucher rote Lichter den Weg zu der kleinen Holzhütte, in der das Konzert stattfindet. Es herrschte eine freundliche, unglaublich entspannte Atmosphäre, ein Lagerfeuer beleuchtete zusätzlich den Platz vor dem Wem gehört die Welt. Da es noch nicht losgeht, vertrieb man sich die Zeit beim Bierchen und konnte so auch mal das idyllische Klo austesten, eine Pinkelrinne am Zaun mit blick auf die dahinter gelegene Schnellstraße.

Pornophon
Gegen 21:45 fingen Pornophon an mit klassischem Hardcore. Erinnerten mich die Hörproben auf ihrer Facebook-Seite vom Gesang her abschreckenderweise an James Hetfield, bestätigten sie diesen Eindruck live zum Glück nicht.
Pornophon hatten bereits am Abend zuvor in Ulm mit Take A Worm For A Walk Week gespielt und gefeiert. Dabei hinterließ der manchmal sehr abstruse Humor der Schotten wohl mächtig Eindruck. So entstand während einer der Touren von The Unwinding Hours als eine Art Running Gag die Legende vom Schneckenhund (von den Schotten auch deutsch ausgesprochen). Und von diesen Erzählungen inspiriert wurde erstmals ein Phantombild dieses Fabelwesens gezeichnet und zwar von einem der Jungs von Pornophon.

Der legendäre Schneckenhund
Eine weitere Folge des Vorabends war ein gewisser Kater, den die trinkfesten Schotten einfach mit mehr Alkohol bekämpften. Vor allem Sänger Joe Quimby wirkte schon vor dem Auftritt ziemlich angeschlagen. Um elf standen dann die vier Würmer, heute verstärkt durch Simon Liddell von den Olympic Swimmers am Keyboard, "auf" der ebenerdigen Bühne und legten mit These Luscious Things los. Und direkt beim ersten Song killte Schlagzeuger Jonny Scott seine Snare. Nach kurzer technischer Pause wurde der Exitus diagnostiziert, einmal kurz mit den Achseln gezuckt und weiter gerockt.  Trotz oder gerade wegen seines Alkoholkonsums wurde dabei Joe Quimby zur unwiderstehlichen Rampensau, der mit glasigen Augen ständig neue Posen raushaute und zwischen den Stücken obszöne Ansagen lallte.


Musikalisch wurden Songs von allen drei Alben gespielt, wobei die früheren Stücke etwas langsamer arrangiert waren, um mit den Tracks vom aktuellen Album wie aus einem Guss zu wirken. Die Musiker spielten die doch zum Teil sehr frickeligen Parts souverän und auch der Sound war in dieser kleinen Hütte erstaunlich gut, deutlich besser als in manch professionellem Club. Nach gut 50 Minuten war Schluss und die gut 30 Besucher zufrieden.

Take A Worm For A Walk Week
Die Band selber war wegen der technischen Probleme nicht ganz so glücklich mit dem Auftritt, aber selbst so war es mehr als beeindruckend.


Sonntag, 23. Oktober 2011

RVIVR

RVIVR / The Dimensions / Cobretti

22.10.11 Café Lorenz, Münster

Auf einem Bein kann man nicht stehen, also fuhr ich einen Tag nach dem tollen Auftritt in Köln auch noch nach Münster ins Café Lorenz, um mir RVIVR noch einmal anzuschauen.
Eigentlich sollten die Lokalmatadore von Stand Fast den Abend eröffnen, mussten aber leider kurzfristig absagen. Daher wurde der Abend von Cobretti aus Köln eröffnet, die mit ihrem mittelschnellen Hardcore zu überzeugen wussten, auch wenn das an Raubtiere im Zoo erinnernde, etwas unmotivierte Hin-und-Her-Laufen des Sängers auf Dauer etwas nervte.

Cobretti
Danach spielten wieder The Dimensions und ihr Auftriit überzeugte mich mehr als am Abend zuvor. Die Band wirkte lockerer und spielte auch besser. Zudem war der Sound deutlich besser als in Köln.

The Dimensions
Um zehn begannen dann RVIVR erneut mit Rain Down, ließen es diesmal aber nahtlos in Real Mean übergehen, das gefühlt doppelt so schnell gespielt wurde wie im Aetherblissement. Wieder schaffte es Erica, ihre positive Ausstrahlung aufs Publikum zu übertragen. Erneut herrschte Partyatmosphäre, die aber auch auf Grund des geräumigeren Café Lorenz nicht ganz so überschwänglich und im wahrsten Sinne des Wortes heiß war wie 24 Stunden zuvor. Die Band fasste sich auch kürzer und so war nach einer halben Stunde bereits Schluss. Mit Can't Stand It von der Live Moves EP wurde aber doch noch eine Zugabe gespielt.

RVIVR
Auf den Zwischenruf eines Zuschauers, warum die Band denn keine T-Shirts dabei habe, antwortete Matt mit "'Coz we're punk", was allerdings so nicht stimmte. Punk sind sie schon, aber Shirts verkaufen sie auch. Allerdings hatte nur einziges Shirt den Weg von Köln nach Münster geschafft und ging bereits früh am Abend über die Theke, de Rest war in der Domstadt abgesetzt worden, ein weiterer Beleg, das der Auftritt im Aetherblissement eine Klasse für sich war, auch wenn die Show in Münster immer noch locker die meisten anderen Konzerte auf die Plätze verweisen konnte, da RVIVR für mich einfach eine Ausnahmeband sind.


RVIVR

RVIVR / The Dimensions

21.10.11 Aetherblissement, Köln

Um die Finanzierung für ihre Europa-Tour zu sichern, hatten sich RVIVR etwas einfallen lassen. Da noch gut 3500$ fehlten, baten sie via der Internetplattform Kickstarter die Fans mit Erfolg um Hilfe. Und so stand einer Wiederholung des umwerfenden Auftritts ebenfalls im Aetherblissement vor ziemlich genau einem Jahr nichts mehr im Wege.
Eröffnet wurde der Abend von The Dimensions aus Köln mit poppigem Punk. Sie machten ihre Sache nicht schlecht, wirkten aber manchmal etwas zu steif auf der Bühne.

The Dimensions
Seit sie letztes Jahr die Dirty Water EP betourten, haben RVIVR wenig neues Material veröffentlicht. Unter dem Namen The Joester Collection wurde die EP samt den ersten zwei Singles wiederveröffentlicht und enthielt nur einen neuen Song (eine Coverversion) und zur Tour wurde die neue Single Belebend mit zwet neuen Stücken rausgebracht. Also konnte der Abend im rappelvollen Aetherblissement im Zeichen der bekannten Hits stehen. Mit Rain Down und Edge Of Living von der RVIVR LP ging es los und sofort wurde jede Zeile lauthals mitgesungen. Die SängerInnen und GitarristInnen Erica und Matt, mit Glitzer im Gesicht geradezu aufgestylt, verbreiteten dabei eine unglaubliche positive Energie, vor allem Erica schien das Grinsen im Gesicht fest zu kleben. Aber RVIVR sind auch ene Band mit Aussage und so wurde Wrong Way One Way von der neuen 7" mit einem klaren Statement pro Homosexualität und Feminismus eingeleitet. Und auch die Bitte um Rücksicht auf die kleineren Leute im Publikum wurde erhört und es wurde nicht so wild herumgepogt wie noch bei Iron Chic im Mai. Nichtsdestotrotz war es aber eine große, wilde Sause und vor allem bei Cut The Cord schien der ganze Laden zu hüpfen.

RVIVR
Insgesamt spielten RVIVR inklusive Zugabe fast 45 Minuten und packten dabei sogar mit Life Moves einen ihrer ältesten und besten Songs aus.
"Life moves way too fast, the days and weeks pile up and they won't last..." Dieser Abend verging in der Tat wie im Fluge, wird aber so schnell nicht vergessen, dafür war er zu schön.

Freitag, 21. Oktober 2011

Sparrow And The Workshop

Sparrow And The Workshop / Israel Nash Gripka

18.10.11 Druckluft, Oberhausen

Lieber den Spatz im Haus als den Zimmermann auf dem Dach, oder wie sollte man sonst den Bandnamen Sparrow And The Workshop interpretieren? Das in Glasgow beheimatete Trio war jedenfalls zu Gast im Oberhausener Druckluft, doch schien das leider niemand so richtig zu interessieren.
Kurz nach neuen begann der Mann mit dem griffigen Namen Israel Nash Gripka das Vorprogramm. Zusammen mit seinen beiden Mitmusikern versuchte er sich darin, Neil Youngs B-Seiten der letzten 15 Jahre als seine eigenen Songs auszugeben und einem guten Dutzend älterer Herrschaften im Publikum schien das auch zu gefallen. Seine Stimme klang wie die von Neil Young, seine Gitarre wie die von Neil Young, nur mangelte es ihm ansonsten leider vollkommen an Originalität und auch Bühnenpräsenz, so dass wir wegen der großen Lautstärke lieber nach draußen gingen. Und siehe da, als Hintergrundmusik war es sogar erträglich.

Sparrow And The Workshop
Als wir zu den ersten Klängen von Sparrow And The Workshop wieder die Halle betraten, waren die älteren Herrschaften verschwunden und nur noch rund 15 Leute anwesend inklusive Vorband und Thekenpersonal. Scheinbar ist wunderschöner Indie-Folk-Rock nicht so sehr angesagt. Der Band machte es augenscheinlich nichts aus, wie auch Sängerin Jill O'Sullivan später am Merchstand bestätigte, sie spielte gut eine Stunde lang Songs aus ihren beiden Alben Crystals Fall und Spitting Daggers. Angenehmerweise wurden die zu schunkeligen und die zu sentimentalen Stücke ausgespart und vor allem der Bass verlieh den Songs live mehr Biss als auf Platte, so dass sie manchmal an eine Mischung aus Sons And Daughters und Calexico erinnerten.
Wieder ein Konzert im Druckluft, das mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.




Sonntag, 16. Oktober 2011

Chris Brokaw

Chris Brokaw

13.10.11 Subrosa, Dortmund

Chris Brokaw zeigte sich Ende der 80er, Anfang der 90er mit seinen Bands Codeine und Come verantwortlich für die wohl traurigste und zugleich krachigste Gitarrenmusik aus den USA. Danach spielte er mehrere Soloalben ein und war auch immer wieder gern gesehener Gast bei anderen Musikern und Bands wie z. B. vor zwei Jahren als er Evan Dando bei seinen Soloauftritten in Deutschland begleitete, Zuletzt nahm er den Soundtrack zum Film Road sowie ein Album mit Ex-Karate-Frontmann Geoff Farina auf. Mit diesem ist er auch im November wieder auf Tour und quasi zum Aufwärmen spielte er eine handvoll Konzerte allein mit seiner akustischen Gitarre, eins davon im schnuckeligen Subrosa, der gemütlichen Eckkneipe in der Dortmunder Nordstadt.


Bei freiem Eintritt war der Laden gut gefüllt, als Brokaw kurz vor neun die Bühne betrat. Sein Set war bunt gemischt, einige instrumentale Stücke aus dem Road-Soundtrack, Songs seiner Soloalben, aber mit Recidivist auch ein alter Come-Song. Dazu erzählte er einige nette Geschichten, wie in der Einleitung zu X's For Eyes von dem knarzenden Hocker bei einem Auftritt in Vancouver. Als dann kurz  vor Ende des Konzerts sein Hocker im Subrosa laut quietschte, musste selbst Brokaw ins allgemeine Gelächter einstimmen.


Als erste Zugabe gab es auch ein Stück von Dirtmusic, seinem Projekt mit Hugo Race und The Walkabouts-Frontmann Chris Eckman zu hören, bevor ein bislang unveröffentlichtes Stück von seinem wohl erst 2012 erscheinenden neuen Album einen kurzweiligen Abend nach gut 75 Minuten beendete.



Sonntag, 9. Oktober 2011

Envy / Dÿse

Envy /  Dÿse

08.10.11 Gleis 22, Münster

Godzilla gegen Frankensteins Monster, so könnte man den deutsch-japanischen Kampf der Giganten im Gleis 22 betiteln. Ursprünglich als Headliner-Konzert der sächsischen Noise-Rocker Dÿse angesetzt, kam recht kurzfristig noch die japanische Post-Hardcore-Walze von Envy hinzu und versprach so Taubheitsgarantie für den Morgen danach.
Als Dÿse gegen 21:15 mit Zebramann begannen, standen noch deutlich mehr Menschen vor dem Gleis als im Gleis vor der Bühne herum, doch das änderte sich schnell. Dieser Mischung aus brachialem und zugleich verfrickeltem Rock durchsetzt mit brüllend komischem Geplauder konnte scheinbar niemand widerstehen. Schlagzeuger Jarii kamen spontan mal wieder kleine abstruse Einfälle, so brachte er mitten in einem Lied mal eben den Refrain aus Money Money Money von ABBA unter und brachte damit sogar Gitarrist André kurz aus der Fassung. Seine Geschichte über Frühstücksbuffets bei Rockfestivals, wo er Cornflakes mit Whiskey mischte, um Lemmy von Motörhead zu beeindrucken, während dieser ihm alle Illusionen zerstörte, indem er ein schnödes Brötchen mit Honig verdrückte, wurde spontan zu einer Ode an eben diese Honigbrötchen musikalisch vertont, die dann direkt in Supermachineeyeon überging.
Womit wir bei der Musik wären. Eine große Deutschland-Tour im Oktober weckte Hoffnungen auf neue Stücke, zumal das letzte Album ja bereits zwei Jahre auf dem Buckel hat. Doch  gespielt wurden nur altbekannte Songs, doch dieses "nur" soll keineswegs enttäuscht oder abwertend klingen, denn es war ein umwerfender Auftritt. Mit Underlaydisk sollte nach einer Dreiviertelstunde Schluss sein, doch den lautstarken Forderungen nach einer Zugabe wurde nachgegeben. Nach einer kurzen Rap-Einlage von Jarii zu Grandmaster Flashs The Message mit André am Schlagzeug beendete dann Sonne glänzt das Set einer Vorband, nach der wohl viele Hauptgruppen chancenlos gewesen wären.

Dÿse
Aber Envy schafften das scheinbar Unmögliche und konnten Dÿses Auftritt noch toppen. Gleich die erste Gitarrenbreitseite des Openers Further Ahead Of Warp traf wie ein Tritt in die Magengrube. und erzeugte bei mir prompt den Wunsch, dass sich solch Postrock-Langweiler wie This Will Destroy You bitte umgehend auflösen mögen. Der Sound war gewaltig, aber dabei nie unangenehm laut und auch differenziert genug in den ruhigen Momenten, wie man in sonst selbst in größeren Hallen kaum zu hören bekommt, einzig der Gesang war etwas leise, was aber auch nicht unangenehm war, bin ich doch eigentlich kein Freund dieser Mischung aus Grunzen und Schreien. Bei den Sprechpassagen stand Sänger Tetsuya an seinem Elektronik-Tisch, während er für die Screamo-Teile das Mikro am Bühnenrand benutzte.  Dabei wippte er immer so geschickt, dass er die nächsten Textpassagen von seinem Notizheft auf dem Monitor ablesen konnte.

Envy
Gut 45 Minuten schafften es Envy so, das Gleis in mitwippende Trance zu versetzen, dann gab der Bass-Verstärker beim siebten Lied seinen Geist auf. Nach fünf Minuten war ein neuer aufgebaut und angeschlossen, aber die hypnotische Atmosphäre war leider etwas dahin. Nach zwei weiteren Stücken verabschiedeten sich die fünf schwarz gekleideten Japaner dann und kamen auch nicht zu einer Zugabe zurück.

Setlist Envy
Dies war aber auch nicht nötig, denn diese unglaubliche Wucht und Energie, die sie zuvor verbreitet hatten, ließ das Publikum auch so erschöpft und zufrieden zurück.


Samiam / Off With Their Heads

Samiam / Off With Their Heads

06.10.11 FZW, Dortmund

Nach gut einem Jahr kehrten Samiam zurück ins FZW. Damals spielten sie im Rahmen des Westend Indoor Festival in der großen Halle, im Gepäck ihr Raritäten-Album Orphan Works. Im Interview hatten sie aber bereits ein neues Werk angekündigt. Fünf Jahre nach Whatever's Got You Down sind nun 12 neue Songs unter dem Titel Trips erschienen und die zugehörige Tour führte sie dieses Mal in den kleinen Club des FZW.
Als Support spielten Off With Their Heads, deren zweites Album In Desolation es letztes Jahr in meine persönlichen Top Ten geschafft hat, ebenso wie ihr einziger Deutschland-Auftritt im Bonner Bla. Ihr rotziger, aber dennoch melodischer Punkrock strotzte nur so vor Energie, das Set war gut durchgemischt mit Songs aus allen Phasen, z. B. Your Child Is Dead oder Die Today von ihrer ersten EP Hospitals, dem Opener I Am You vom ersten Album From The Bottom oder dem grandiosen Schlusspunkt Clear The Air von In Desolation. Da die Band wohl nicht erwartete, dass viele Besucher schon von ihr gehört hatten, rockte sie fast ohne Unterbrechungen gut 30 Minuten durch. und gewann sicherlich den einen oder anderen neuen Fan hinzu.

Off With Their Heads
Setlist Off With Their Heads:
I Am You
The Eyes Of Death
Drive
Your Child Is Dead
Go On Git Now
Theme Song
Their Own Medicine
For The Four
Closed Early
Hard To Admit
Self Checkout
Fuck This I'm Out
Die Today
Clear The Air

Seit ihrem Album You Are Freaking Me Out von 1997 habe ich ein kleines Problem mit Samiam auf Platte: die ersten Songs klingen toll und danach flacht es zunehmend ab. Mit Trips ist es nicht anders, allerdings fällt hier zudem die deutlich bessere Produktion gegenüber dem ziemlich schrottig klingenden Vorgänger Whatever's Got You Down positiv auf. Live konnten sie die schwächeren Alben noch kompensieren, doch da in den letzten Jahren die älteren Songs spärlicher gesetzt wurden und zudem der Alkoholpegel von Sänger Jason und Gitarrist Sean während der Auftritte bedenklich zunahm, wurden auch hier die Highlights seltener.
Im angenehm gefüllten Club des FZW begannen Samiam gleich mit den ersten drei Songs des neuen Albums Trips, gefolgt von vier Songs von Astray, die etwas Stimmung in das zunächst verhaltene Publikum brachten, das erst bei She Found You so richtig die Handbremse löste und mitging. Nach nur 45 Minuten war nach Capsized scheinbar Schluss, denn drei Fünftel der Band verließ die Bühne.Nur Gitarrist Sergie und Sänger Jason blieben, standen zunächst etwas orientierungslos rum und jammten dann die erste Strophe von Sky Flying By. doch der Rest der Band kam zurück und so blieb es bei dieser kleinen Kostprobe dieses inzwischen 20 Jahre alten Klassikers. Nach drei weiteren Songs und einer guten Stunde Spielzeit war dann endgültig Schluss.

Samiam
Samiam waren solide, scheinen aber endgültig ihre besten Jahre hinter sich zu haben.Vielleicht schreibe ich in 15 Jahren das gleiche über Off With Their Heads, aber momentan sind sie mir deutlich lieber und bestätigten dies auch an diesem Abend im FZW.

Setlist Samiam:
80 West
Clean Up The Mess
September Holiday
Sunshine
Wisconsin
Mexico
Mud Hill
Over Now
She Found You
El Dorado
Factory
Stepson
Super Brava
Capsized
------------------------
Take Care
Dull
Full On

Montag, 3. Oktober 2011

The Get Up Kids

The Get Up Kids / Eastern Conference Champions

28.09.11 Zeche, Bochum

The Get Up Kids sind verantwortlich für einige der heißesten Konzerte, die ich je besucht habe. Im Juni 2000 spielten sie im alten Dortmunder FZW, es war überfüllt, es herrschte eine unerträgliche Hitze und Keyboarder James Dewees drohte fast zu dehydrieren und erlitt zusätzlich leichte Verbrennungen von den tief hängenden Scheinwerfern. Im August 2009 gingen die Get Up Kids auf Reunion Tour und spielten am heißesten Tag des Jahres in der ausverkauften Frankfurter Batschkapp und sorgten auch hier bereits für Schweißausbrüche, bevor sie auch nur einen Ton spielten.
Ende September 2011 und es war ein so schöner, warmer Herbsttag, dass wir die Vorgruppe Eastern Conference Champions nach einem kurzen Blick in die ziemlich leere Halle zu ignorieren beschlossen und lieber noch etwas im Biergarten der Zeche abhingen. Eine Dreiviertelstunde später war die Halle immer noch nicht viel voller, geschätzte 250-300 Besucher füllten die Zeche nur zu einem Drittel.

The Get Up Kids
Zu den Klängen von Kraftwerks Autobahn betraten die fünf gealterten Get Up Kids die Bühne, das Intro ging über in das deutschsprachige Sample zu Tithe, dem ersten Song des aktuellen Albums There Are Rules, mit dem das Konzert auch begann. Die folgenden gut 65 Minuten offenbarten das Dilemma, das wohl auch für den schwachen Zuschauerzuspruch verantwortlich war: die neuen Songs mit ihrem elektronischen Spielereien sind nicht catchy genug, haben deutlich weniger Mitsing-Potential als die alten Kracher. Es wurde zugehört, brav applaudiert, aber Begeisterung kam nicht so richtig auf, Das änderte sich, wenn alte Klassiker wie Action & Action vom epochalen Something To Write Home About oder Don't Hate Me vom Debüt Four Minute Mile für nostalgische Begeisterung sorgten. Die Band bemühte sich aber, dies zu ignorieren und den Auftritt zu genießen, nur einmal wirkte Sänger Matt Pryor etwas genervt, als jemand nach Shorty verlangte und er meinte, die neuen Songs würden auch rocken.
Mit einer ellenlangen, wunderbar gespielten Version von Walking On A Wire klang das reguläre Set aus. Zur Zugabe kam zunächst nur Gitarrist Jim Suptic zurück und coverte zunächst solo Beer For Breakfast von den Replacements, in das dann auch der Rest der Band einstieg. Danach sorgte dann der Doppelpack aus Holiday und Ten Minutes sogar erstmals für richtig Bewegung unter den Zuschauern. Überraschenderweise war danach noch nicht Schluss, denn als Rausschmeißer spielten die Jungs noch eine weitere Coverversion, diesmal Blurs Girls & Boys.
Scheinbar ist die Temperatur ein Gradmesser für die Qualität der Konzerte der Get Up Kids, denn im Vergleich zu früheren Shows war es heute nur ein lauwarmer Auftritt.